Das Einfache, das schwer zu machen ist

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Ein Besuch im Multi-JIS-Center Düsseldorf.

Düsseldorf – da denkt man sofort an Altstadt und Rheinufer, an Altbier und Karneval. Aber der Düsseldorfer kann nicht nur gut feiern, sondern auch gut arbeiten. Zum Beispiel im Nutzfahrzeugwerk des Kunden, das seit 1962 in der Stadt am Rhein beheimatet ist.

Rund 6.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantworten hier, im Leitwerk für alle anderen Nutzfahrzeug-Standorte, die Produktion dieses Fahrzeugmodells. Dieses Fahrzeugmodelll ist heute in mehr als 130 Ländern unterwegs und wurde mittlerweile deutlich mehr als drei Millionen Mal verkauft. Damit ist er eines der erfolgreichsten Nutzfahrzeuge aller Zeiten.

Mehr als 65 Prozent aller weltweit produzierten Fahrzeuge dieses Modells stammen aus Düsseldorf; seit 1995 wurden mehr als 2,5 Millionen von ihnen hier produziert. Aktuell sind das rund 150.000 Fahrzeuge im Jahr, die auf nahezu 700.000 Quadratmeter Werksfläche hergestellt werden. Und schon bald wird das Fahrzeug in Düsseldorf auch mit Elektroantrieb vom Band laufen.

 

 

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Ausschreibung der Zulieferer

Damit dieser riesige Produktionsbetrieb reibungslos funktioniert, verlässt sich der Kunde auf zahlreiche externe Partner. „Mit dem Standort Düsseldorf hat Schnellecke den lang ersehnten Schritt hin zu diesem Kunden gemacht.“, freut sich Standortleiterin Judith van Briel. Dabei geholfen haben die Zulieferer, die die Sequenzierung nach einer Ausschreibung an Schnellecke vergaben. Die Lieferanten der Kardanwellen stießen kurzfristig vor dem Start der Produktion dazu.

Insgesamt sieben Zulieferer lassen jetzt ihre Module für das seit 2018 gebaute Fahrzeug-Modell von Schnellecke sequenzieren. Außenspiegel, Scheinwerfer, Lenkräder, Ladeböden und Kardanwellen werden jetzt von Schnellecke direkt Just-In-Sequence (JIS) ans Band nach Düsseldorf-Derendorf geliefert.

 

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English spoken here

Wir finden die Schnellecke Niederlassung im Stadtteil Heerdt, an einer Adresse, die wohl jedem Künstler in Düsseldorf bekannt ist: Gleich gegenüber des Firmenparks befindet sich nämlich der größte Künstlerbedarf-Handel der Stadt, wo es vom kleinen Radiergummi bis zur großen Leinwand alles gibt, was man für bildende Kunst benötigt.

Etwas nüchterner geht es auf der anderen Straßenseite zu, wo uns Judith van Briel und Junior Planner Marcel Bakker begrüßen. Als erstes geht es in die Halle, wo Mitarbeiter aus verschiedenen Nationen die nächste Lieferung zusammenstellen. „Die Verständigung klappt hier oftmals besser auf Englisch als auf Deutsch“, erklärt van Briel.

Die internationale Belegschaft, rund zwanzig Mitarbeiter pro Schicht, arbeitet in einem Takt, der von den Abrufen aus dem Kunden-Werk vorgegeben wird. In drei Schichten wird hier gearbeitet, abgesehen vom Wochenende, und Module für knapp 700 Fahrzeuge am Tag werden hier sequenziert.    

 

Langsamer Anlauf

„Nach dem Start hatten wir eine sehr humane Anlaufkurve“, erinnert sich van Briel. „Anfangs wurden nur rund zwanzig Autos am Tag in einer Schicht gebaut. Das kam uns entgegen, denn wir hatten mit einigen Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen.“

Die ursprünglich von Schnellecke angemietete Halle auf der anderen Rheinseite war genau auf die geplanten Aufgaben zugeschnitten. Doch dann kam, quasi in letzter Minute, der Lieferant der Kardanwellen mit ins Boot, dessen Logistikpartner abgesprungen war. „Also mussten wir in eine größere Halle umziehen“, so van Briel. „Das ging allerdings erst zum Anfang Februar, also knapp einen Monat vor dem Start des Anlaufs. Und in dieser Halle hier gab es damals nichts: keine Regale und keine IT. Also war schon der Start der Vorlaufphase etwas holprig.“    

 

Knifflige Ladeböden

Zum Glück wurde diese erste Phase vom Kunden als Anlaufproblem bewertet. „Wir haben ein sehr partnerschaftliches Verhältnis und treffen uns jede Woche einmal“, erläutert Bakker, der im November 2018 nach Abschluss seiner Traineezeit als Junior Planner zum Gründungsteam um Judith van Briel und Qualitätsleiter Kiril Hadzijew stieß. „Mit unseren Kunden haben wir vereinbart, dass wir als Sprachrohr für sie agieren, auch wenn wir selbst keinen Vertrag mit ihm haben.“

Bakker weist darauf hin, dass die Sequenzierung von Scheinwerfern und Außenspiegeln im Grunde unproblematisch ist. „Davon werden jeweils zwei pro Fahrzeug gebraucht, das ist einfach. Auch das Lenkrad stellt kein Problem dar.“ Knifflig wird es hingegen bei den Ladeböden, denn davon gibt es über 400 verschiedene Varianten, von denen pro Woche etwa 60 bis 80 Varianten abgerufen werden. „Dafür haben wir eine Steuerzeit von 150 Minuten, von denen je nach Verkehrslage noch rund 20 bis 40 Minuten für die Fahrt zum etwa sieben Kilometer entfernten Produktionswerk abgehen“, so Bakker. „Aufgrund der festen Taktzeit und der kurzen Steuerzeit, bedingt durch den frühen Verbaupunkt des Ladebodens, können wir hier nie im Voraus sequenzieren und einen Puffer anlegen.“

Bakkers Fazit: „Bei so einem Projekt lernen wir alle immer dazu.“ Auch wir haben viel gelernt, als wir die Halle nach einem abschließenden Rundgang verlassen. Zum Beispiel, dass auch in einem scheinbar einfachen Projekt ganz viele Fallstricke lauern können und der Teufel wortwörtlich im Detail steckt.  

Die Lieferanten laden ihre Ware ab, Schnellecke packt sie um und liefert sie ans Band - das klingt so leicht, als ob das jeder könnte. Unser Besuch in Düsseldorf hat uns gezeigt, wie recht doch Bertolt Brecht mit seinem Satz hatte: Es ist das Einfache, das schwer zu machen ist.